Bauernhof Ritsu

Riegenhaus eines Häuslers aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts


Der Bauernhof Ritsu stellt den Haushalt eines Häuslers in Südestland vor. Das im Hof stehende Riegenhaus wurde in den 1860ger Jahren im Bauernhof Ritsu im Dorf Tinnikuru im Kirchspiel Paistu gebaut (der Speicher und der Viehstall sind noch nicht errichtet worden). Das Gebäude wurde 1966 ins Museum gebracht und 1968-1975 aufgestellt.

Offensichtlich war der Pachtbauernhof Ritsu der Hof eines Holzschnitzers des Gutshofes Loodi, der weniger als 10 ha Land hatte, Ackerland gab es nur etwa zwei Hektare.



In einem Haushalt mit so wenig Ackerland war auch das Riegenhaus klein, äußerst klein war die Dreschtenne.

Der Bauer von Ritsu war ein Mann namens Kingu, der trotz schlechter Verhältnisse versuchte, seinen Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Ein sein Sohn wurde Schulmeister, der Zweite wurde Biermeister und der jüngste Sohn wurde Schmied. Der Schmied – Jaan Kingu – blieb im Bauernhof des Vaters, aber er machte auch die Schmiedarbeit weiter.

Ritsu hatte nie Maße eines vollständigen Bauernhofes. Man erzählt, dass der Grund in der Streit mit einem Nachbar bestand, der den Bauernhof Kingu selbst haben wollte und dafür sowohl Bestechungsgeld als auch Falschaussagen benutzte. Obwohl das Gerichtsverfahren mit dem Sieg von Jaan Kingu endete, führten Gerichtskosten den Bauernhof zu Schulden und man konnte keine neuen Bauten errichten.

Ursprünglich gab es im Gebäude Riegenstube, Vorkammer, Hinterkammer und kleine Kammer hinter dem Ofen, Speisekammer, Flur und kleine Dreschtenne. Später, offensichtlich in der 19./20.-Jahrhundertwende, wurde ein Pferdestall hinzugebaut und die Dreschtenne wurde verlängert. Das Haus bekam auch eine neue Warmwand, einen neuen Herd, einen Schornstein und auch Fenster wurden vergrößert.

Bei der Errichtung des Gebäudes im Museum wurde sein ursprüngliches Aussehen wiederhergestellt.



Hofplan


1 – Riegenstube, 2 – Dreschtenne, 3 – Vorkammer, 4 – Hinterkammer, 5 – Flur, 6 – Speisekammer, 7 – Kammer hinten dem Ofen, 8 – Spreukammer



Schon gewusst?


  • Als Häusler bezeichnete man Bauern mit wenig Land oder ohne Land, die mit Gelegenheitsarbeiten, seltener mit dem Handwerk den Unterhalt verdient haben. Ab der Mitte des 19. Jahrhundert wurden so Hälter von auf Quotenland von Gutshöfen oder in staatlichen Gutshöfen gebildteten Kleinbauernhöfen genannt, die den Pachtzins mit Arbeitstagen oder Stückarbeit auf Gutsfeldern zahlten. Sie wohnten für sich im kleinen Häuschen oder in der Sauna, einzelne auch bei jemandem im Haus. Nach dem Häuslergesetz von 1926 konnten die Häusler einen Hof kaufen.
  • Zu Zeiten von Jaan Kingu wurden im Bauernhof Ritsu ein Pferd, 3 Kühe, im Sommer 4 Kühe, einige Schafe und 4 Schweine gehalten.
  • Vor dem Zweiten Weltkrieg zahlte man dem Staat den Pachtzins in Höhe von Kronen 11.20 jährlich. Der Vertrag belief auf 55,5 Jahre, danach sollte der Hof eingelöst sein.
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